Betriebliches Gesundheitsmanagement: Die Betriebsparteien müssen gemeinsam handeln

Betriebliches Gesundheitsmanagement liegt im ureigenen Interesse von Unternehmen

Personal ist eine nicht kopierbare Ressource für Unternehmen. Die Erfahrungen und Kompetenzen der Menschen sind unverwechselbar und nachahmungsresistent. Sie repräsentieren als „intangible assets“ einen enormen Unternehmenswert, den im Gegensatz zu Maschinen, Software, Managementmethoden und Kapitalstrategien Wettbewerber nicht kopieren können. Damit liegt es im Interesse eines jeden rational wirtschaftenden Unternehmers, die Arbeits- und Leistungsfähigkeit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter kontinuierlich zu erhalten und zu verbessern. Dazu gehört es auch, die Arbeitsbedingungen und Führungsstrukturen menschengerecht zu gestalten, die Menschen dabei zu unterstützen, gesund zu werden und zu bleiben sowie Personalentwicklung und Qualifizierung voranzutreiben. Schließlich muss es vorausschauenden Unternehmen darum gehen, sich als guter Arbeitgeber einen Namen zu machen und u.a. dem wachsenden Wunsch nach Vereinbarkeit von Familien- und Berufsleben und herausfordernden Arbeitsinhalten Rechnung zu tragen. In diesem Zusammenhang werden dann oft auch Maßnahmen des Betrieblichen Gesundheitsmanagements ergriffen.

Soweit die Theorie, in der Arbeitgeber- und Arbeitnehmerinteressen zumindest in diesen Punkten Hand in Hand gehen könnten. Zwar haben viele Unternehmen die grundsätzliche Notwendigkeit der Entwicklung ihrer „Humanressourcen“ schon erkannt und spätestens der demographische Wandel und der damit real werdende „War for Talents“ haben auch manch hartleibigen Unternehmensvertreter zum Umdenken veranlasst.

Betriebliches Gesundheitsmanagement als Handlungsfeld von Betriebs- und Personalrat

Aber in der Tat sind es nur vergleichsweise wenige Unternehmen, in denen Betriebliches Gesundheitsmanagement ernsthaft umgesetzt wird. Flächendeckende Erfolge sind aber kaum durch weitere staatliche Reglementierung zu erzielen. Zusätzliche Verordnungen helfen zwar Betriebsräten, sich in Wahrnehmung ihrer Mitbestimmungsrechte auf weitere rechtliche Rahmenbedingungen berufen zu können. Jedoch hilft dies der Gesundheit der Menschen kaum, wenn nicht auch eine wirkliche Mobilisierung aller betrieblichen Bereiche stattfindet. Unternehmen sind eben keine monolithischen Gebilde. BGM-Promotoren setzen sich nicht immer durch. Vielfach haben die Controller die Oberhand gegenüber den HR-Managern. In den Unternehmen gilt es deshalb für die Arbeitnehmervertretungen, BGM-Verfechter auf allen Ebenen zu unterstützen, auch wenn diese aus der Ecke der leitenden Angestellten kommen.

Betriebliches Gesundheitsmanagement als Change-Aufgabe

Die Die Einführung eines wirksamen Betrieblichen Gesundheitsmanagements ist eine hochkomplexe Change-Aufgabe. Damit BGM funktioniert, müssen alle Beteiligten mit Herzblut dabei sein. Die Mitarbeiter müssen die Möglichkeit erhalten, selbst zu mitzugestalten und BGM mit Leben zu füllen. Daher ist es wichtig, alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zusammen mit dem Betriebs- oder Personalrat rechtzeitig und umfassend einzubinden, damit das BGM naturwüchsig wachsen kann. Schlüsselpersonen – Multiplikatoren unter den Mitarbeitern, Führungskräfte, Betriebsratsmitglieder, die Betriebsärztin usw. – müssen zusammen als Motor und Motivator fungieren, die das sich entwickelnde BGM „hegen und pflegen“. Sie müssen An-Stöße geben und die konkreten Prozesse voranbringen. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter müssen ermächtigt und ermutigt werden, sich einzumischen und selbst zu gestalten (Empowerment). Durch die Erfahrung von Selbstwirksamkeit werden die Menschen im Unternehmen „ihr“ BGM entwickeln und auch dadurch zu mehr Eigenverantwortung und Commitment gelangen. Nur mit motivierten, engagierten  Mitarbeitern, kann der BGM-Veränderungsprozess erfolgreich und nachhaltig sein. Begeisterung kann dort entstehen, wo, die Menschen ernsthaft gefragt und nicht nur „überzeugt“ oder „bespaßt“ werden.

Einen solchen Prozess des allgemeinen BGM-Aufbruchs müssen die Betriebsparteien – Unternehmensleitung und Betriebsrat – gemeinsam organisieren. Gift für diesen Prozess der vertrauensvollen Zusammenarbeit ist eine politische Vogelperspektive mit pauschalen Schuldzuweisungen, die der vielfältigen betrieblichen Realität nicht Rechnung tragen.