Führungskräfte-Feedback als Instrument von Personalentwicklung und Qualitätsmanagement

Gute Führungskräfte sind Mangelware. Meist gerät ein Mensch, der „Personalverantwortung“ erhält in eine Vorgesetztenposition, die nichts mit „Führung“ zu tun hat. Hinterher geschoben wird dann meist ein Führungskräfteseminar, mit dem im Schnelldurchgang Führungsskills vermittelt werden sollen. Dies führt oft zur Überforderung der Ankömmlinge im Führungskräfteuniversum und zur Unzufriedenheit der Teammitglieder. Führungsqualität kann nur in einem längerfristigen Prozess entstehen, in den sowohl die Führungskraft als auch Ihre Mitarbeiter*innen eingebunden sind. Beide Seiten müssen lernen, aufeinander zuzugehen, produktiv miteinander zu reden und Eckpunkte ihrer Zusammenarbeit zu vereinbaren. Ein effektives Instrument für diese langfristige Führungskräfteentwicklung ist das Führungskräfte-Feedback.

Was ist Führungskräfte-Feedback?

Ist mein Vorgesetzter wirklich eine Führungskraft?

Bei einem Führungskräfte-Feedback erhalten die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter Gelegenheit, ihrem/ihrer Vorgesetzten eine Rückmeldung (Feedback) über Ihre Wahrnehmung von Haltung, Verhalten, Handlungen und Leistungen zu geben. Feedback ist dann konstruktiv, wenn es respektvoll und sachlich geäußert wird, konkrete Verbesserungshinweise an die Führungskraft enthält und damit zusätzliche Verhaltensmöglichkeiten aufzeigt. Durch konstruktives Feedback

  • können Missverständnisse zwischen Führungskräften und Mitarbeiter*innen beseitigt werden,
  • lassen sich Beziehungen und Konflikte klären,
  • werden Vertrauen und Wir-Gefühl im Team dauerhaft gestärkt,
  • werden Menschen in ihrer fachlichen und persönlichen Entwicklung gefördert,
  • wird die eigene Persönlichkeitswahrnehmung sensibilisiert.

Was steckt dahinter?

Grundgedanke dabei ist, dass eine Führungskraft nur dann eine erfolgreiche Führungskraft sein kann, wenn die Mitarbeiter*innen ihr “folgen”. Die Beziehung muss also stimmen. Das geht nur, wenn beide Seiten wissen, was die andere Seite von ihr erwartet und sich von ihr wünscht. Durch ein solches Führungskräfte-Feedback kann sich die Führungskraft kontinuierlich weiterentwickeln. Voraussetzung ist allerdings, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit der Feedback-Technik umzugehen wissen und dass die Führungskraft ein echtes Interesse daran hat zu erfahren, was die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter über sie denken. Führungskräfte-Feedback ist also keine Bewertung der Führungsqualität, sondern stellt eine Chance für die Führungskraft dar, die eigene Führungsqualität zu erhöhen.

Wie läuft Führungskräfte-Feedback ab?

Typischerweise holt eine Führungskraft einmal im Jahr ein Feedback ihrer Mitarbeiter*innen ein. Dazu entwickeln Unternehmen eine Systematik, der zu folgen ist. Je nach Grad des Vertrauens zwischen Führungskraft und Mitarbeitern*innen wird der Ablauf des Feedbacks in der Praxis mehr oder weniger offen gestaltet. Folgender Weg bei der Etablierung eines Führungskräfte-Feedbacks ist denkbar:

  • Das Feedback wird zunächst anonym anhand von Fragebögen durchgeführt, da eine gewisse Skepsis gegenüber dem Verfahren herrscht. Die Führungskraft erhält einen Fragebogen zur Selbsteinschätzung, und die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter erhalten einen Fragebogen zur Beurteilung der Führungskraft.
  • Je nach Grad des gegenseitigen Vertrauens kann das Feedback auch offener gestaltet werden. In diesem Fall präsentieren die Mitarbeiter*innen, z.B. im Verlauf eines Workshops, ihre Einschätzungen. Anschließend wird dann über die einzelnen Punkte reflektiert.

360-Grad-Feedback

Bei dieser Sonderform des Führungskräfte-Feedbacks können neben den Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auch Vorgesetzte, Kollegen, Geschäftspartner und Kunden Feedback geben. Damit werden unterschiedliche Perspektiven auf Haltung und Verhalten der Führungskraft deutlich. So kann ein differenziertes Fremdbild dem Selbstbild der Führungskraft gegenübergestellt werden. Dabei können auch Ist-/Soll-Betrachtungen einbezogen werden.

Coaching für Optimierungen

Meist werden zur Maßnahmenfindung, Optimierung und Schulung externe Coachs hinzugezogen. Externe deshalb, weil hierbei der unverstellte Blick auf das Gesamtsystem notwendig ist und weil Unparteilichkeit bei der Akzeptanz der Ergebnisse des Führungskräfte-Feedbacks für die betroffenen Führungskräfte unabdingbar ist.

Beispiel: Führungskräfte-Feedback in einem Unternehmen der Sozialen Dienste

Ein Unternehmen mit ca. 200 Mitarbeiter*innen und 10 Führungskräften, das hauptsächlich Assistenztätigkeiten anbietet, wollte durch ein 360-Grad-Führungskräfte-Feedback erfahren, wie die vor einigen Jahren festgelegten Führungsgrundsätze tatsächlich gelebt werden. Übergeordnetes Ziel war es, die Führungsqualität im Unternehmen nachhaltig zu verbessern. Wir von professore.de wurden für dieses Projekt engagiert. Hier eine Kurzbeschreibung des Projektverlaufs:

1. Zunächst wurden gemeinsam mit Geschäftsführung und Qualitätsmanagement die zu erreichenden Ziele und die Rahmenbedingen der Untersuchung festgelegt. Dabei ging es u.a. darum, die Wirksamkeit der mittleren Führungsebenen zu ermitteln, die Zufriedenheit der Mitarbeiter*innen mit der direkten Führungskraft und dem Gesamtunternehmen auszuloten, einen Eindruck von der Perspektive der anderen Führungskräfte zu erhalten (360-Grad-Feedback) und einen Vergleich der Kenngrößen zum Branchenmittel und zu den Mitbewerbern herzustellen.

2. Ein wesentlicher Punkt war es, die Rahmenbedingungen des Projekts zu vereinbaren. Dies wurde vom Qualitätsmanager begleitet. Die Geschäftsführung entschied sich für eine schriftliche Befragung mit einem anonymisierten Fragebogen, der den Mitarbeiter*innen per Post zugeschickt wurde. Wesentlich war, dass die Auswertung zeitnah geschah, so dass die Mitarbeiter*innen und die Führungskräfte alsbald eine Rückmeldung erhielten und damit auch der Veränderungswille der Geschäftsleitung dokumentiert werden konnte.

3. Es folgte die Entwicklung der Fragebögen, die mit 14 Statements auf einer Seite möglichst kurz und verständlich gehalten wurden und für die Führungskräfte eine Selbsteinschätzungssequenz enthielten.

4. Die Fragebögen wurden von professore.de als externe Projektbeauftragte verschickt und die Rückläufe wurden ebenfalls bei uns gesammelt. Damit war sichergestellt, dass die Anonymität gewahrt blieb.

5. Nach sechs Wochen begann die Auswertung. Diese wurde grafisch aufgearbeitet und der Geschäftsleitung präsentiert.

6. Schließlich wurden Optimierungsmaßnahmen vereinbart. Dazu erhielten wir von professore.de den Auftrag, die Führungskräfte im Rahmen von Coachings und Teamworkshops für die notwendigen Veränderungen zu begleiten. Zur Vorbereitung der Workshops setzten wird unsere eigenen Mobile Learning-Module von professore.de ein, welche Skripte, Erklärvideos und Lernerfolgsfragen zu allen wesentlichen Eckpunkten guter Führung enthalten.

7. Basis der Coachings waren inidividuelle Spinnendiagramme (siehe Abbildung unten), in denen die Selbsteinschätzung der jeweiligen Führungskraft den Einschätzungen ihrer Mitarbeiter*innen und Kollegen gegenübergestellt sind. Auf diese Weise kann die Führungskraft leicht Übereinstimmungen aber auch Abweichungen erkennen. Die besondere Anforderung an das Coaching war vor allem, die Einsicht zu fördern, dass hier keine folgenschwere Leistungsbewertung erfolgt ist, sondern dass durch das Feedback neue Chancen zur Verbesserung der eigenen Führungsqualität eröffnet werden. So hat die Führungskraft im dargestellten Beispiel von sich selbst den Eindruck, sich durchaus wertschätzend gegenüber den Kolleg*innen zu verhalten, während die Mitarbeiter*innen und auch die Geschäftsleitung dies wesentlich kritischer sehen. Hier ist im Coaching also über das Thema „Wertschätzung“ zu reflektieren. In der Folge können dann Verhaltensänderungen eingeübt werden.

Beispiel für die Gegenüberstellung von Selbst- und Fremdbild einer Führungskraft (0: schlecht / 5,0: sehr gut)