Führung verstehen – Teil 16: Menschenbilder nach Edgar Schein

Die Typologie der Menschenbilder nach Schein (1965) hat in der Literatur weite Verbreitung gefunden. Personalentwickler kennen sie aus dem Effeff. Schein unterscheidet vier unterschiedliche Gruppen von Hypothesen zum Wesen des Menschen und die daraus abzuleitenden Konsequenzen für die Organisation bzw. die Führungskräfte.

Je nachdem, wie Führungskräfte das Unternehmen und ihre Mitarbeiter sehen, werden sie ihre Führungsaufgaben wahrnehmen: Wenn die Erwartung besteht, dass die Mitarbeiter in erster Linie „rational-ökonomische Menschen“ sind, wird die Führungsaufgabe wahrscheinlich darin gesehen, äußere Anreize zu schaffen – z.B. Boni, Prämien usw. -, um Leistungsmotivation zu erzeugen. Wenn hingegen davon ausgegangen wird, dass die Mitarbeiter eher dazu neigen, sich durch ihre Arbeit zu bestätigen und selbst dir Verantwortung dafür übernehmen, wird die Führungskraft ihnen Gestaltungsspielräume zugestehen und auf intrinsische Motivation setzen.

MenschenbildFührungsverhalten
Der rational-ökonomische Mensch
ist in erster Linie durch monetäre Anreize motiviert, ist passiv und wird von der Organisation manipuliert, motiviert und kontrolliert. Sein Handeln erscheint äußerlich vernünftig.
Klassische Management Funktionen: Planen, Organisieren, Motivieren, Kontrollieren; Organisation und Effizienz stehen im Mittelpunkt; Organisation hat die Aufgabe, irrationales Verhalten zu neutralisieren und zu kontrollieren.
Der soziale Mensch
ist in erster Linie durch soziale Bedürfnisse motiviert. Als Folge der Sinnentleerung der Arbeit wird in sozialen Beziehungen am Arbeitsplatz Ersatzbefriedigung gesucht. Er wird stärker durch soziale Normen seiner Arbeitsgruppe als durch Anreize und Kontrollen des Vorgesetzten gelenkt.
Aufbau und Förderung von Gruppen; soziale Anerkennung der Mitarbeiter durch Manager und Gruppe; die Bedürfnisse nach Anerkennung, Zugehörigkeit und Identität müssen befriedigt werden; Gruppenanreizsysteme treten an die Stelle von individuellen Anreizsystemen.
Der sich selbst verwirklichende Mensch
Menschliche Bedürfnisse lassen sich in einer Hierarchie anordnen. Der Mensch strebt nach Autonomie und bevorzugt Selbst-Motivation und Selbst-Kontrolle. Es gibt keinen zwangsläufigen Konflikt zwischen Selbstverwirklichung und organisatorischer Zielerreichung.
Führungskräfte sind Unterstützer und Förderer (nicht Motivierer und Kontrolleure); Delegation von Entscheidungen; Übergang von Amts-Autorität zu Fach-Autorität; Übergang von extrinsischer Motivation zu intrinsischer Motivation; Mitbestimmung am Arbeitsplatz.
Der komplexe Mensch
ist äußerst wandlungsfähig. Die Dringlichkeit der Bedürfnisse unterliegt dem Wandel. Der Mensch ist lernfähig und erwirbt neue Motive. In unterschiedlichen Systemen werden unterschiedliche Motive bedeutsam.
Führungskräfte sind Diagnostiker von Situationen; sie müssen Unterschiede erkennen können und Verhalten situationsgemäß variieren können; es gibt keine generell richtige Organisation.