Führung verstehen – Teil 4: KÄMPFE FÜR UNS… der „Archetyp Held“

Heldenmythen entstehen aus Kriegserzählungen. Der Held ist der Retter in der Not. Er kämpft gegen Drachen, besteht schwere Prüfungen, bringt große Opfer, ist, bis auf eine kleine versteckte Stelle, unverwundbar und – einsam in seiner Größe.

Für die Führungsbeziehung besonders relevant sind die Archetypen VaterHeld, und Heilsbringer. In diesem Beitrag kommt der Held zum Zuge (vgl. Neuberger 1995, S. 46 ff.).

Helden im Kino

Wir kennen Helden aus Märchen und Sagen. George Lucas hat in seiner Star Wars Saga die typischen Stationen der Heldenreise wunderbar zusammengestellt: Ein junger unbedarfter Mensch bricht auf, um die Welt zu retten. Er genießt den Rat und den Schutz von geheimen Mächten, befreit Jungfrauen und überwindet schließlich den Vor-Mann (den Vater).

Die Führungskraft als einsamer Held

Ich möchte Ihnen hier Hans-Ulrich vorstellen. Er ist Personalchef eines großen Technikunternehmens und „hat die Verantwortung“ für Tausende von Mitarbeitern. Im Rahmen einer Fachveranstaltung hielt er einen Vortrag zum Thema „Vereinbarkeit von Beruf und Familie“. Wie zu erwarten hob er die diesbezüglichen Leistungen seines Unternehmens hervor. Väter in seinem Unternehmen hätten es nun leichter, ihrer Vaterrolle gerecht zu werden. Ein Betriebskindergarten und betrieblich finanzierte Betreuungsdienste stünden zur Verfügung, die Arbeitszeiten seien flexibler geworden und auch Auszeiten für Väter seien möglich – die ganze Palette halt.

Als dann zum Schluss eine der Anwesenden fragte, wie er persönlich denn seinen Beruf mit dem Familienleben vereinbare, antwortete er sinngemäß wie folgt:

„Sie glauben ja gar nicht, was das für eine Arbeit ist, das ganze Thema von Beruf und Familie zu koordinieren. Ich habe schließlich die Verantwortung für Tausende von Mitarbeitern. Und das Thema hat ja seit Jahren brach gelegen. Ich arbeite zurzeit etwa 80 Stunden in der Woche, die Wochenenden eingeschlossen.“

 

Der Held und seine Helferinnen

Auf die Frage, wie er das denn mit seinen drei Kindern schaffen könne, kam die Antwort:

„Na ja, meine Frau ist zu Hause und schmeißt den Laden… Ich finde es richtig, dass nun endlich auf höchster Ebene der Beschluss da ist, das Thema Beruf und Familie anzugehen. Und, na ja, einer muss das ja nun mal für das Unternehmen machen…“

 

Hier haben wir Hans-Ulrich, den einsamen Helden. Er ist bestimmt kein strahlender Held, dem die Geführten mit verklärtem Blick folgen – zu groß ist die Tragikomik dieser Figur. Aber er versteht sich selbst als Held, der sich für „seine Leute“ und das Unternehmen opfert und bietet sich so als Identifikationsfigur an. Sicherlich bewundern ihn viele seiner Mitarbeiter.

Der Held als Identifikationsfigur

Der Held bietet die Möglichkeit der Identifikation – „wenn wir ihm folgen, haben wir an seiner Größe teil“ – und er legitimiert Unterordnung. Gegenüber Helden herrscht Kritikverbot und Gehorsamspflicht. Das wirkt entlastend auf den eigenen Denk-und Reflexionsapparat. Die strahlende Übermenschlichkeit des heldenhaften Führers ist eine gute Entschuldigung für die Unterlassung eigener Anstrengungen. Für die freiwillige Unterwerfung und Selbstentmündigung gilt die Überhöhung des Unterwerfers als Rechtfertigung.

Der Held als transformationaler Führer

Viele Vorstellungen über gute Führung haben im Bild der heldenhaften Führungskraft ihren Ursprung. Insbesondere Führungsstile, die den charismatischen Führer in den Mittelpunkt stellen, lassen sich wohl auch auf die Sehnsucht nach dem Retter zurückführen, der überkommene patriarchalische Strukturen aufbricht und das Unternehmen in die „Transformation“ führt. In meinem nächsten Blogbeitrag werde ich mich ausführlicher mit dem „Transformationalen Führungsstil“ auseinandersetzen.

Übrigens: Helden können auch weiblich sein. Denken Sie mal an Jeanne d’Arc oder Lara Croft. Am besten, Sie schauen sich mal das Bild oben etwas genauer an.

Verwandt mit dem Helden ist der Heilsbringer, mit dem ich mich in meinem nächsten Beitrag beschäftigen will.